„Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die letzten Monate haben die Kultur- und Kreativbranche vor große Herausforderungen gestellt. Abgesagte Konzerte und Großevents, geschlossene Museen und verschobene Workshops haben auch niedersächsische Kreative plötzlich ihrer Existenzgrundlage beraubt. Das Konjunkturpaket der Bundesregierung stellt mit dem Programm „NEUSTART KULTUR“ bereits 1 Milliarde Euro zur Verfügung, die einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die Infrastruktur im Kulturbereich aufrecht zu erhalten. Auch das Land Niedersachsen hat mit seinen Sonderprogrammen wichtige Anreize und Fördermöglichkeiten geschaffen. Der von SPD und CDU vorgelegte Entschließungsantrag baut auf diesen Maßnahmen auf, denn: Da ist noch Luft nach oben. Nicht wenige Künstlerinnen und Künstler fallen momentan durch alle Raster: Als Soloselbstständige zahlen sie nicht in die gesetzliche Arbeitslosenversicherung ein und können damit auch kein Kurzarbeitergeld erhalten. Der erleichterte Zugang zur Grundsicherung klappt nicht in allen Jobcentern und hilft nur denen, die noch keine ausreichende Altersvorsorge getroffen haben. Vielen droht noch dazu eine Rückzahlung bereits erhaltener Fördergelder, weil Projekte nicht wie geplant durchgeführt werden konnten. Im Sinne nachhaltiger und langfristiger Lösungen streben wir eine grundsätzliche Verbesserung der sozialen Absicherung von Arbeitenden in der Kreativbranche an. Wir setzen uns auf Bundesebene dafür ein, die Sozialversicherungssysteme zeitgemäß weiter zu entwickeln. Diese Systeme haben sich zwar in Zeiten der Pandemie bewährt, aber mehr Menschen sollten, wenn sie es denn wollen, daran partizipieren können. Dazu gehören für uns ausdrücklich auch die Soloselbstständigen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir als SPD stehen ein für „Gute Arbeit“ – in allen Branchen, auch, und im Besonderen in der Kultur. Digitale Formate funktionieren für Büromeetings, gemeinsame Kaffeepausen und, darauf bin ich persönlich sehr stolz, sogar für große Landesparteitage – es wird Zeit, dass wir sie auch in der Kulturszene fördern. Denn sie bieten die Chance, neue Zielgruppen anzusprechen und die Beteiligung an kreativen Formaten in der gesamten niedersächsischen Gesellschaft zu ermöglichen. Nun können wir die leider nötigen Einschränkungen nutzen, um innovative Ideen zu fördern. Gleichzeitig wird es Zeit, die gegebenen Fördermaßnahmen zu ergänzen. Die bisherigen Hilfen kann man als Akutprogramme verstehen, als Maßnahmen, den dringendsten Bedarfen gerecht zu werden. Wir aber wollen aber nicht nur das Nötigste leisten, sondern aktiv eine Zukunftsperspektive und Sicherheit für die Kultur- und Kreativbranche schaffen. Wir müssen rechtssicher klarstellen, dass bereits ausgezahlte Förderungen nicht zurückgezahlt werden müssen. Wenn Sie beispielsweise an ein Theaterstück denken, mussten die Darstellerinnen und Darsteller für die Proben bereits bezahlt werden, auch wenn sie im Sommer deutlich weniger Aufführungen umsetzen konnten als geplant. Wir müssen unbedingt verhindern, dass diese Menschen für ihren Einsatz bestraft werden!
Ein Kulturfördergesetz, wie es nun Bündnis 90/Die Grünen avisieren, kann ohne Frage langfristig eine Bereicherung für unser Niedersachsen sein. Wobei ich mich mit Verlaub ja schon frage, warum die ehemalige grüne Kulturministerin Gabriele Heinen-Kljajić es während ihrer Amtszeit nicht selbst auf den Weg gebracht hat, ja noch nicht einmal im Ansatz etwas dazu unternommen hat. Hier wurden leider keine Weichen gestellt. Ein Kulturfördergesetz könnte Kultur aus den freiwilligen Leistungen befreien und eine nachhaltige Förderung der vielfältigen Kulturlandschaft bedeuten. Es könnte auch Anreize für junge Menschen schaffen, selbst kreativ tätig zu werden. Ich sage „könnte“, weil nicht jedes beliebige Kulturfördergesetz diese Effekte hat. Wir dürfen auf keinen Fall ein 08/15-Konzept aus der Schublade ziehen und es den Kulturschaffenden überstülpen. Was wir brauchen, ist eine intensive Diskussion mit Kulturverbänden, mit Soloselbstständigen, kleinen Kulturvereinen, Musikerinnen und Musikern, Kunstkollektiven, mit Veranstaltern und ihren nachgeordneten Gewerken, den Landschaften und natürlich den Kommunen. Denn gerade aktuell stellen wir noch deutlicher fest, wie bunt und vielfältig die Szene ist, wie verschieden die Bedarfe der Einrichtungen und wie unterschiedlich die Situation der einzelnen Kulturschaffenden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt viel zu tun. Auf Ebene des Landes müssen wir gut funktionierende Programme wieder aufnehmen, wie beispielsweise das Niedersächsische Investitionsprogramm für kleine Kultureinrichtungen, und neue Förderungen entwickeln. In vielen Bereichen benötigen wir mehr Rechtssicherheit. Auf Ebene des Bundes müssen wir uns für eine bessere soziale Absicherung von Soloselbstständigen und häufig prekär Beschäftigten aus der Kultur- und Kreativbranche einsetzen. Es kann nicht angehen, dass lebens- und gesellschaftsrelevante Berufsgruppen im Alter, oder wie jetzt in Krisenzeiten, existenzielle Probleme bekommen. Wir wollen Künstlerinnen und Künstlern nicht nur helfen, sondern sie wertschätzen. Wir können und wollen auf ihren Beitrag nicht verzichten. Vielen Dank.“