Meine Rede vom 10.12.2020 zum Thema: Nachhaltige Hilfen für die Kultur- und Kreativbranche

„Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

im Moment kann niemand vorhersagen, wann das kulturelle Leben wieder ganz normal möglich sein wird, also ohne Masken, Abstand oder Plexiglaswände, mit hunderten Besucherinnen und Besuchern gleichzeitig. Das ist nicht nur für uns als – wenn man so will – Konsumentinnen und Konsumenten bedrückend, sondern vor allem für die Kulturschaffenden.

Eben weil wir nicht absehen können, wie lange uns das Virus mit seinen Einschränkungen begleiten wird, müssen wir vorsorgen. Wir brauchen beizeiten einen Stufenplan Kultur, wann kann was unter welchen Bedingungen stattfinden.

Und wir müssen auch darüber hinaus Sicherheit vermitteln, wo wir es denn können. Deswegen fordern wir die Sicherheit ein, dass schon bewilligte Fördergelder nicht zurückgezahlt werden müssen. Die wenigsten Projekte konnten dieses Jahr so umgesetzt werden wie geplant, trotzdem haben die Kulturschaffenden Geld investiert. Es wäre unverantwortlich, dieses Geld nun zurückzufordern und damit zwangsläufig die finanzielle Not der Kreativen in Niedersachsen weiter zu verschärfen.

Wir fordern außerdem Sicherheit für die Kommunen ein. Im zweiten Nachtragshaushalt haben wir explizit einen Rettungsschirm für niedersächsische Kommunen beschlossen. Und das ist gut so. Kultur ist aber immer noch eine freiwillige Leistung der Kommunen und diese haben oft keine andere Wahl als an Kultureinrichtungen in kommunaler Trägerschaft zu sparen. Das trifft natürlich wieder zuerst die finanzschwächeren Kommunen und torpediert damit die Idee von gleichen Chancen auf kulturelle Teilhabe.

Ich denke, ich muss hier nicht wiederholen, was wir zuletzt am Dienstag ausführlich besprochen haben. Inzwischen sollte allen bekannt sein, dass kulturelle Teilhabe kein Selbstzweck ist, sondern den gesellschaftlichen Zusammenhalt fördert. Gerade im Flächenland Niedersachsen ist es deswegen besonders wichtig, kulturelle Angebote in der Breite zu ermöglichen. Mit unserem Antrag wollen wir dafür sorgen, dass Menschen auch in Zukunft nicht nur hier in Hannover, in Braunschweig oder Oldenburg von kulturellen Angeboten profitieren können, sondern eben auch in Neuenhaus, Bad Bevensen oder Duderstadt.

Im Übrigen möchte ich ganz deutlich unterstützen, was der Kanzler in spe Olaf Scholz am Wochenende angekündigt hat: Wer in der zweiten Jahreshälfte 2021 kulturelle Veranstaltungen haben möchte, muss jetzt dafür Vorsorge treffen. Ein Schutzschirm für Veranstaltungen ist genau die Art von vorausschauender Politik, die wir brauchen. Lassen Sie uns das gleiche Prinzip auch hier in Niedersachsen umsetzen und schon jetzt planen, wie wir der Kultur im kommenden Jahr den Rücken stärken können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist an der Zeit, unser Verständnis von Kultur zu überdenken. Nicht nur die Festivalszene hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt, auch Clubs und Kneipen arbeiten Hand in Hand mit lokalen Kulturschaffenden zusammen. Denken Sie beispielsweise an Poetry Slams, die von Kneipen organisiert und mit Preisen gesponsort werden, oder an offene Bühnen, auf denen sich Nachwuchsmusikerinnen und Musiker ausprobieren können. Solche Angebote können je nach Ausgestaltung durchaus als kommerziell bezeichnet werden. Wir plädieren daher dafür, die Förderungen für Soloselbstständige und freischaffende Künstlerinnen und Künstler in kulturnahen Berufen auch auf kommerzielle Angebote auszuweiten.

Es bleibt viel zu tun, aber einen Teilerfolg kann ich schon heute verkünden: Eine wichtige Forderung der SPD Niedersachsen ist es ja, die Kulturszene grundsätzlich besser sozial abzusichern. Wir wollen schließlich die Kreativität und Energie in künstlerischen Projekten sehen, nicht in der akribischen Suche nach Fördermöglichkeiten und Gelegenheitsjobs.

Wir haben versprochen, dass wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen , die Sozialversicherungssysteme zu überarbeiten. Es ist weder zeitgemäß noch gerecht, Solo-Selbstständige und Freiberufler*innen durch´s Raster fallen zu lassen. Wir sehen ja, dass zahlreiche Arbeitnehmer*innen in den letzten Monaten Sicherheit und Stabilität aus ebendiesen Versicherungen ziehen konnten – und das gilt um Übrigen nicht nur für gesellschaftliche, sondern auch für individuelle Krisensituationen.

Gemeinsam mit meinem Bundestagskollegen Dennis Rohde ist es uns gelungen, den Stein für dieses Vorhaben in’s Rollen zu bringen: Der Bundesverband Freie Darstellende Künste und das Ensemble Netzwerk erhalten 900 Tausend Euro, um konkrete Lösungen zu erarbeiten. Die Expertinnen und Experten sind gut vernetzt und können ihr Know-How so einbringen, dass es am Ende die Situation von Kulturschaffenden wirklich verbessert.

Darüber hinaus konnten im Bundeshaushalt noch einmal 9.2 Millionen Euro mehr für die Künstlersozialkasse veranschlagt werden. Damit können die Beiträge im kommenden Jahr stabil bleiben, obwohl dieses Jahr pandemiebedingt deutlich weniger Veranstaltungen stattfinden konnten.

Bund und Land, Hand in Hand  – so muss es weitergehen.

Und weil das vermutlich unser letzter Plenartag vor den Feiertagen ist, lassen Sie mich schließen mit einem Zitat von Karl Lehmann, ehemaliger Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz: „Weihnachten offenbart die Temperaturen im Umgang der Menschen untereinander.“

In diesem Sinne:

Halten wir Abstand, aber halten wir zusammen. Ich wünsche besinnliche Festtage und bleiben Sie bitte alle gesund!“

 

Es gilt das gesprochene Wort.