Meine Rede am 23.02. zum Antrag: Berufsakademien stärken – Wettbewerbsnachteile ausgleichen

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Lars Alt,

mit dem vorliegenden Entschließungsantrag hat die FDP etwas geschafft, was ich mir im Laufe meiner mittlerweile 34-jährigen SPD-Mitgliedschaft nicht habe vorstellen können: Eine FDP, die mehr staatliche Alimentierung und Eingriffe in die Landschaft der Ausbildungsträger der Wirtschaft fordert, und ich als Sozialdemokratin, die das Gegenteil vertritt.

Sollten die geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu Berufsakademien nicht eigentlich der Traum eines jeden Wirtschaftsliberalen sein? „Berufsakademien stärken – Wettbewerbsnachteile ausgleichen“ ist der Titel des Entschließungsantrags. Dabei stellt sich die Frage: Welcher Wettbewerbsnachteil? – Ich habe bisher die grundlegende Argumentationslinie der FDP immer so verstanden, dass staatliche Eingriffe und Vorschriften die Wettbewerbsfähigkeit einschränken. Sind die Berufsakademien denn dann nicht außer Konkurrenz? – Aber lassen wir diese kleinen Spitzfindigkeiten jetzt einmal beiseite!

Aus meinen Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern von Berufsakademien konnte ich, ehrlich gesagt, keinerlei Unterstützung für den FDP-Antrag erkennen. Im Gegenteil! Eine Novellierung des Niedersächsischen Berufsakademiegesetzes ‑ und dieser Entschließungsantrag wäre ein erster Schritt in diese Richtung ‑ wird kritisch gesehen. Mehr „Zugang zum professoralen Bereich“ würde mehr Regulierungen mit sich bringen, und die Universitäten und Hochschulen würden wohl auch erhebliche Einwände haben. Eine Professur steht für Lehre, aber auch für Forschung. Wenn man den Grundsatz „Forschung und Lehre sind frei“ ernstnimmt, muss man die Frage stellen, ob dieser Anspruch verwirklicht werden kann.

Schon jetzt ist es auch an Universitäten und Hochschulen schwierig, diesen Anspruch vollumfänglich zu erfüllen. Forschung aber, die von Interessen von Betrieben, also auch von deren Kapital und Profitmaximierung abhängig ist, kann man wohl kaum frei nennen. Wenn das Land auf der einen Seite die Berufsakademien finanziell und mit dem Habilitationsrecht „beglückt“, dann müssen wir auf der anderen Seite demokratische Gremien und Beteiligungsstrukturen schaffen. Dies wäre wohl das Gegenteil eines lediglich rahmenschaffenden Staats.

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen verschaffen den Berufsakademien aktuell die Flexibilität und Innovationsmöglichkeiten, die die FDP sonst so vehement einfordert. Wenn es vonseiten der Berufsakademien nicht den Wunsch nach einer Änderung gibt und Landtag oder Regierung keine Erkenntnisse haben, die ein Eingreifen des Parlaments zwingend erforderlich machen, dann können wir getrost auf eine Entschließung verzichten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD-Fraktion wird der Ausschussempfehlung folgen und diesen Antrag ablehnen.

Danke schön.

Das Video der Rede finden Sie hier.