Meine Rede am 24.02. zur ersten Beratung: Entwurf eines Niedersächsischen Kulturfördergesetzes

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
„Ein breites kulturelles Angebot macht Niedersachsen noch lebenswerter. Die Begegnung mit Kunst und Kultur stärkt die Persönlichkeit des Einzelnen und das Sozialverhalten sowie das Selbstbewusstsein insbesondere von Kindern und Jugendlichen. Die SPD setzt sich deshalb für einen barrierefreien Zugang zu Kultur und Kunst ein. Dazu gehört auch die soziale Barrierefreiheit. Kultur darf nicht elitär, sondern muss offen für alle sein.“
Da klatschen die Richtigen; denn diese schöne Textpassage stammt aus dem letzten Landtagswahlprogramm der SPD Niedersachsen und mündet in die Forderung nach einem Kulturfördergesetz. Daher freue ich mich, auch wenn ich dies aus gegebenem Anlass heute nicht richtig zum Ausdruck bringen kann, dass wir heute, nach 75 Jahren Kultur in Niedersachsen, anderen Bundesländern folgen und den Entwurf eines solchen Gesetzes einbringen. Noch mehr freue ich mich auf die umfangreiche Anhörung, die wir planen. Die Anregungen der Kulturschaffenden sind uns als SPD-Fraktion nämlich sehr wichtig.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, heute, kurz vor dem zweiten Jahrestag des ersten Lockdowns in Niedersachsen, merken wir besonders, wie essenziell Kultur und sozialer Austausch sind. Wir werden die psychosozialen Folgen der Pandemie, auch und im Besonderen die für Kinder und für Jugendliche, in den Griff bekommen müssen. Die Kultur wird hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten. – Nicht wahr, Kollege Thiele und Kollege Lechner?
Kultur schafft Räume für Begegnungen. Sie regt an zum Nachdenken, zur Reflexion und das ist mir besonders wichtig zur Empathie. Wir erleben derzeit hautnah, wie wichtig die Fähigkeit ist, sich in andere hineinzuversetzen, wie wichtig Bereitschaft und die Kompetenz sind, auch widerstreitende Argumente auszuhalten. Kunst und Kultur sind zentrale Elemente für eine offene, tolerante und diverse Gesellschaft in einer sozialen Demokratie.
Möglich wird das mit einer kulturellen Vielfalt sowie mit einer diskriminierungs- und barrierefreien kulturellen Teilhabe für alle Menschen – unabhängig von ihrem Geldbeutel. „Kultur für alle“ forderten Hilmar Hoffmann und die SPD bereits 1979. Heute ist dieser Anspruch aktueller denn je.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für künstlerische Kreativität braucht es Autonomie und Sicherheit. Mit dem Kulturfördergesetz wollen wir eben diese schaffen. Gleichzeitig und das ist wichtig – müssen diese Förderungen nachhaltig sowie möglichst einfach und unbürokratisch gestaltet sein. Das wissen wir nicht zuletzt aus den zahlreichen Gesprächen mit Kulturschaffenden, die über immense Hürden der Corona-Hilfsprogramme berichteten. Gespannt sehen wir auch hier der Anhörung entgegen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf stärken wir die gesamte kulturelle Infrastruktur in Niedersachsen: Theater, Schauspiel- und Musikensembles, Museen, Gedenkstätten, Kunstvereine, Kunsthallen, Kunst- und Musikschulen, Filmwerkstätten, Literaturhäuser, Bibliotheken, soziokulturelle und theaterpädagogische Zentren. Diese Aufzählung ich fürchte, ich habe einiges vergessen zeigt, wie vielfältig unsere Kulturlandschaft ist, die es nicht nur zu bewahren, sondern auch weiterzuentwickeln gilt.
Doch, um etwas Wasser in den Wein zu gießen: Mit dem vorliegenden Entwurf eines Kulturfördergesetzes kommt nicht auf einen Schlag mehr Geld ins System. Es ist kein finanzieller Befreiungsschlag. Wir schaffen aber ein solides Fundament und einen strukturellen Rahmen. Es bietet damit eine gute Grundlage für einen Diskurs mit Kulturverbänden, Kulturschaffenden und Kommunen, wie eine auskömmliche Finanzierung mittelfristig aussehen und organisiert werden kann. Hierauf kann eine zukünftige Landesregierung gut aufbauen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Pandemie hat nicht nur Grenzen unserer guten Sozialsysteme offenbart – darauf habe ich schon in meinen letzten Reden hingewiesen. Die Pandemie hat auch gezeigt, wie wichtig gute und faire Arbeitsbedingungen auch in der Kulturbranche sind. Wir können auf Landesebene zwar die Sozialsysteme nicht reformieren. Das ist Bundessache. Aber wir können mit dem vorliegenden Gesetz gute und faire Arbeitsbedingungen für die niedersächsischen Kulturschaffenden fördern.
Daher freue ich mich besonders, dass wir das festgeschrieben haben. Damit schaffen wir einen wichtigen Beitrag, um auf landespolitischer Ebene eine langfristige und nachhaltige strukturelle Verbesserung für die Beschäftigten in der Kultur zu erreichen. Inwiefern diese strukturellen Verbesserungen zum Tragen kommen, soll erstens mit der Kulturberichterstattung und zweitens mit der Evaluation der Förderung festgestellt werden. Mit dem jährlichen Kulturförderbericht schaffen wir mehr Transparenz und Verantwortlichkeit. Kultur wird dadurch wieder stärker in den politischen und parlamentarischen Fokus gerückt – und das zu Recht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem vorliegenden Entwurf eines Kulturfördergesetzes haben wir einen guten Rahmen für eine langfristige und nachhaltige Förderung unserer Kulturlandschaft in Niedersachsen geschaffen. Und wenn das Kulturfördergesetz metaphorisch gesehen ein Boden ist, dann schließe ich mit einem Zitat von Albert Schweitzer: „Kultur fällt uns nicht wie eine reife Frucht in den Schoß. Der Baum muss gewissenhaft gepflegt werden, wenn er Frucht tragen soll.“
Vielen Dank.

Das Video der Rede finden Sie hier.